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WAS IST DIE RICHTIGE BEINLÄNGE BEI RADHOSEN?

Wie bei so vielen Dingen heutzutage wird in manchen Radfahrerkreisen um vermeintlich Triviales ein Brimborium gemacht ohne dessen µ-genaue Lösung ein Fortfahren kaum möglich erscheint. Mit einem Augenzwinkern betrachten wir in diesem Beitrag aus verschiedenen Blickwinkeln die Länge von Radhosen und versuchen zu erörtern, ob es falsch oder richtig gibt.

HILFT UNS DIE GESCHICHTE WEITER?

Um das zu klären haben wir ein wenig in den Archiven gekramt und uns, zur Vereinfachung, mal die Entwicklung der Beinlänge bei Herren-Rennradhosen angesehen. In der Abbildung beginnen wir mit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts und bewegen uns dann immer ein Stückchen weiter bis in die 20er Jahre unseres Jahrhunderts. Viel Spaß!

MARGINAL GAINS?

Wir bleiben bei den Profiradsportlern auf der Straße, diesmal aber in unserer Zeit. Durch engmaschigere Dopingkontrollen, biologische Athletenpässe und dergleichen mehr sind die Profis im Wettstreit gezwungen anderswo Optimierungen zu finden, um Schritt (oder besser Tritt) halten zu können. Die großen Teams haben dazu einen ganzen Stab an Wissenschaftlern, die sich darum bemühen aus jeder noch so geringen (englisch: marginal) Stellschraube etwas herauszuholen (englisch: gains) um ein wenig schneller vom Fleck zu kommen.

Dazu gehört selbstverständlich die Aerodynamik des Systems Fahrer + Rad. Kramen wir nun ein wenig in der marginal gains -Bekleidungskiste, so lässt sich so manches zutage fördern: Socken aus „aerodynamischem“ Material die fast bis zum Knie reichen, Trikotärmel, bzw. Schulterpartien deren Oberfläche aussieht wie ein Golfball, einteilige Rennanzüge die so eng sind, dass ein alleiniges Hinein- und Herausschlüpfen nicht mehr möglich ist…usw. usf.

Aber was fehlt? Die Hose. Eng ist sie immer, soll ja nichts rutschen. Aber sonst? Keine Erwähnung und auch keine Sichtung von auffälligen Trends, außer dass eine gewisse Länge erreicht wurde, aber das hatten wir ja schon im vorigen Abschnitt. Da wir keine Aerodynamiker sind verkneifen wir uns unsere Vermutung, das Ergebnis zählt: Nichts los mit der Hos!

IST DOCH NUR ALLES MODE?

Die nüchterne historische Betrachtung könnte man natürlich auch als Zeugnis der sich verändernden Mode betrachten. Schließlich wird in unserem Radfahrjahrzehnt alles länger, die Ärmel, die Socken, die Hosen und der Bart. Hach waren das noch Zeiten in den frühen 2000ern, was Mario? (der schmucke Mann aus einer anderen Zeit auf dem linken Teil des Bildes)

Aber seit wann gibt es in der Mode richtig oder falsch? Mal die dicken Schulterpolster der 80er ausgenommen geht doch alles immer irgendwie und irgendwann wieder! Halten wir also fest: Die derzeitige Mode, was die Radklamotte angeht, ist eindeutig lang. Was weder richtig noch falsch ist, uns aber ein Sprungbrett zum nächsten Abschnitt liefert: Dem Versuch einer seriösen Diskussion entlang möglicher funktionaler Aspekte von langgeschnittenen Beinen bei Radhosen.

DOCH NOCH EIN QUENTCHEN FUNKTION!

Nun also seriös. Folgen wir dem Trend der langbeinigen Radhosen und beleuchten die folgenden Punkte vor dem Hintergrund der Funktion.

Auch wenn wir keine so rege Ozonloch-Diskussion mehr haben, der Schutz vor UV-Strahlung ist nach wie vor sinnvoll. Mit einem längeren Bein ist ein größerer Teil des stark exponierten Oberschenkels mit Schutzfaktor 50+ prima geschützt. Das ist schon mal was.

Obwohl es erst mal kontraintuitiv erscheint, so können längere Hosenbeine für mehr Kühlung an superheißen Tagen sorgen. Voraussetzung ist, dass Du ausreichend Wasser dabei hast und dieses dann und wann auf die Hose kippst. Dort verbleibt es ein klein wenig länger als auf der Haut und kann so etwas mehr Verdunstungskälte generieren. Ist die Hose länger gibt es mehr Stoff zum kurzen Wasserspeichern und Kälte erzeugen. Passt.

Ist es nicht superheiß, sondern eher frisch ist ein wenig mehr Stoff am Oberschenkel auch kein Fehler.

Zuletzt kann ein bisschen mehr Beinlänge dabei helfen ein größeres Maß an Haftreibung am Oberschenkel aufzubauen. Damit sinkt die Gefahr, dass sich überschüssiges Hosenmaterial in Richtung Beinbeuge bewegt und dort schrubbelt (mehr dazu hier). Eigentlich auch ganz OK.

UNSER FAZIT

Eine RICHTIGE Beinlänge bei Radhosen scheint es nicht zu geben. Modern wie wir sind tragen wir derzeit lang, das bringt ein klein wenig Funktion - aber ohne marginal gains (wobei bei sehr genauem Überlegen vielleicht schlummert auch hier noch ein Zehntel Watt). Und potztausend, möglicherweise liegen die Preissteigerungen bei Hosen ja nicht an den ach so überbordenden Preisen für alles Mögliche, sondern schlicht am zusätzlichen Stoffbedarf. Das wäre fair, in der Markenkommunikation aber irgendwie banal und fad.

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